Dienstag, 25. März 2014

Pelle Carlberg, Montabaur, 24.03.14


Konzert: Pelle Carlberg
Ort: Ursulas und Dirks Wohnzimmer in Montabaur
Datum: 24.03.2014
Dauer: 47 min & 43 min
Zuschauer: gut 20



"Wir sind hier nicht bei 'Wünsch dir was'", war der Lieblingsspruch meines ehemaligen Chefs und sein Allheilmittel gegen Anfragen aller Art. Das funktionierte ganz gut. Überhaupt hatte mein Ex-Chef einen guten Job, allerdings hatte er dafür einen extrem miesen Musikgeschmack. Pelle Carlberg hat aus meiner Sicht auch einen guten Beruf, vor allem aber auch einen exzellenten Musikgeschmack. Und viel wichtiger, der schwedische Sänger hat einen andere Einstellung zu Wunschkonzerten.

Dirk, gemeinsam mit Ursula Gastgeber des Wohnzimmerkonzerts in Montabaur, hatte mich eingeweiht, daß er den Musikgast bitten wollte, seinen "Tiger Beer-Song" zu spielen. Vor ein paar Jahren spielte Pelle mit Band in Malaysia. Vor dem Konzert kam der Veranstalter und teilte dem Künstler mit, auf den Plakaten stünde nur sein Vorname. Tiger Beer, der Sponsor der Show, wolle wegen seines skandinavischen Konkurrenten keine Plakate sehen, auf denen "Carlsberg" oder so stehe. Pelle schrieb ein Lied darüber, das seinem Label aber nicht gefiel und es nicht auf die Platte schaffte. Es erschien dann nur als Bonusdownload, "wir haben den Download-Code aber extra so unleserlich gestaltet, daß das niemand runterlädt." Ohne Erfolg. Als der Sänger vor der Show vom Gastgeber gefragt wurde, ob er ein Bier wolle und Carlsberg und Tiger Beer zu Auswahl standen, verstand er das Anliegen und erklärte, er habe diesen Song noch nie live und seit 2008 gar nicht mehr gespielt (also nur für die Aufnahme). Den Text gab es im Internet, das Lied auf Festplatte, und Pelle Carlberg verbrachte die Zeit vor dem Konzert im Proberaum.

Am Ende des ersten Teils des Konzerts - es war wie das in Köln am Vorabend  in zwei etwa gleichlange Sets unterteilt - spielte der Schwede das Wunschlied, und es funktionierte wundervoll! Wäre nicht der ganze Abend besonders gewesen, das wäre der spezielle Moment des Konzerts gewesen!

Gut 20 Gäste hatten das Wohnzimmer im Westerwald gefüllt. Im Vergleich zum Vorabend begann das Konzert punkig spät, nämlich um fünf nach acht (die fünf Minuten waren meine Schuld, Pelle und ich unterhielten uns noch über die WM 74). Im ersten Teil spielte der Ex-Edson Frontmann die beiden neuen Stücke Loser of the century und Replaceable?, die hoffentlich ein neues Album ankündigen. Fast genauso wichtig wie seine Lieder sind die Geschichten zu ihnen, die er vorher erzählt. Die Erlebnisse als Kind in Uppsala, als er mit Freund Sebastian abends halbstark durch die Stadt lief, der Flug zurück vom Konzert in Barcelona, der zum Ryan-Air-Song Fly me to the moon führte, die Erklärung zu Riverbank..., auch das macht einen guten Teil des Reizes von Pelle Carlberg-Konzerten aus (was bei seinem Landsmann Jens Lekman ja ähnlich ist - der wäre doch auch mal was für euch, Ursula und Dirk?). 

Das zweite Set begann mit einem Publikumswunsch, diesmal aber einem ungeplanten. Wir hatten uns in den Pause über kulturelle Unterschiede zwischen Schweden und Deutschland unterhalten und über deutsche Indiebands. Irgendwie fiel dabei, daß schwedische Bands leider viel zu selten Lieder in ihrer Landessprache singen. Pelle Carlberg nahm das auf und spielte ein Stück der Band, die er mit seinen drei Kindern hat (Tvillingarna, Truls & Jag), wenn ich richtig hingehört habe Varannan vecka. Die CD dieser Gruppe ist seine einzige, die bei einem Majorlabel erschienen ist, und ist eine "Platte mit Kinderliedern mit Erwachsenentexten", wie er vor ein paar Jahren bei einem Kölner Konzert erklärt hatte.  

Auch die zweite Hälfte mit Hits wie Riverband, Go to hell, Miss Rydell (über ein Telefonat mit der Kritikerin, die die letzte Edson Platte verrissen hatte), das sehr schwermütige neue Salt, das noch trübere Metal to metal oder das wundervolle Clever girls... Es ging alles viel zu schnell um. Glücklicherweise war aber auch die Debütplatte von I'm from Barcelona gut sichtbar im Wohnzimmer ausgelegt, sodaß Pelle das von der inspirierte Stück Pamplona als Zugabe spielen musste. Um zehn nach zehn war das wundervolle Konzert beendet und die wenig aufregende Kulturgeschichte Montabaurs ein gutes Stück vorangebracht worden.

Dieser Bericht ist nicht etwa so postiv ausgefallen, weil die Gastgeber einen perfekten Konzertabend organisiert hatten. Oder weil ich seit dem ersten Hören von Go to hell, Miss Rydell panische Angst davor habe, ein böses Wort über Pelle zu verlieren. Pelle Carlbergs Auftritte sind eben einfach so gut. Und ich hoffe, daß es nicht wieder drei Jahre dauert, bis der Schwede zurück nach Deutschland kommt. Da er auf Wünsche ja eingeht, sollte das funktionieren!
 

Setlist Pelle Carlberg, Wohnzimmerkonzert, Montabaur:

01: Oh no! It's happening again
02: Musikbyrån makes me wanna smoke crack
03: 1983 (Pelle & Sebastian)
04: Loser of the century (neu)
05: Fly me to the moon
06: I love you, you imbecile
07: Replaceable? (neu)
08: Pelle Carlsberg 

09: Varannan vecka (Tvillingarna, Truls & Jag)
10: Because I'm worth it
11: How I broke my foot and met Jesus
12: Metal to metal
13: Salt (neu)
14: Go to hell, Miss Rydell
15: Riverbank
16: Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls

17: Pamplona (Z)

Tourdaten Pelle Carlberg:

25.03.: Luxemburg - Konrad 
26.03.: Stuttgart - Wohnzimmerkonzert 
27.03.: Stein, Appenzell (CH) - Kulturhaus Rose 
29.03.: Paris - Oliver Peel Session 
30.03.: Bielefeld - Bunker Ulmenwall

Links:

- aus unserem Archiv:
- Pelle Carlberg, Köln, 23.03.14
- Pelle Carlberg, Köln, 22.09.11
- Pelle Carlberg, Köln, 25.08.09
- Pelle Carlberg, Köln, 23.11.07




 

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