Freitag, 21. Februar 2014

Der Klang der Offenbarung des Göttlichen, Berlin, 20.02.2014


Konzert: Der Klang der Offenbarung des Göttlichen
Ort: Volksbühne Berlin
Datum: 20.2.2014
Dauer: 1 Stunde
Zuschauer: fast ausverkauft




Ein schwarzes Vöglein fliegt über die Welt,

das singt so todestraurig...
                                                          (C. Morgenstern)


Diese Zeile ist mir durch den Kopf gegangen, als ich das erste Bild erblickte und die Klänge der Streicher vernahm.
Der Klang der Offenbarung des Göttlichen (von Ragnar Kjartansson) ist ein Theaterstück ohne Schauspieler mit der Komposition des ehemaligen Sigur Ros Keyboarders Kjartan Sveinsson
Angelehnt an den Roman Weltlicht von H. Laxness, wird in vier (Bühnen- )Bildern die Lebensgeschichte eines Ausgegrenzten erzählt, der in der Natur und der Kunst Trost für seine geschundene Seele sucht. Und natürlich spielt die Geschichte auf Island, welches durch die Brille des Großstadtdeutschen doch umso magischer und mystischer verklärt wird, je weiter die eigene Entfremdung zur Natur (und sich selbst) fortgeschritten ist.
Wer die verlassenen Ortschaften Mecklenburg-Vorpommerns gesehen hat, der weiß, wie befreiend aber auch wie bedrückend es sein kann, sich nicht in der Sinfonie der Großstadt zu zerstreuen.
Der Romanfigur Laxnesss bleibt nur, nachdem dieser in der isländischen Gesellschaft der 30er Jahre keinen Platz und keinen inneren Frieden gefunden hat, eben diesen in der Natur zu suchen. 
Aber welch tiefe Verzweiflung muss in einem Menschen vorgehen, um Trost und Hoffnung an einem so kargen, unwirklichen Ort wie der steinernen Küste zu suchen und zu finden, dem ersten Bild (Der Klang der Offenbarung des Göttlichen) des Stücks. Getragen wird dieses Bild von schwermütigen Streichern, deren Dramatik sich immer weiter steigert bis hin zum Morgengrauen und dem erlösenden Hoffnung stiftenden kleinen Sonnenstrahl.
Nach einer kurzen Umbauphase folgt das zweite Bild (Das Schloss des Sommerlandes). Ein malerisch-verträumter Märchenwald, Schnee mit rotgelbem Himmel. Ein friedlicher Chor wird untermalt mit dem obligatorischen Handyvibrieren. Der Berliner Filmchor klingt ganz vorzüglich.
Ein kleiner zaghafter Zwischenapplaus überbrückt die Umbauphase zum dritten Bild (Das Haus des Dichters) - einer brennenden Holzhütte unter Sternenhimmel. Es scheint alles verloren. Unter einem lauten Knall kracht das Haus in sich zusammen. Alles untermalt von dem schwermutigen Chor und zurückhaltendem Orchester.
Als letztes Bild (Die Schönheit des Himmels) blicken wir aus einer Eishöhle hinaus auf einen grauen Himmel. Mit Streichern, Schneegestöber, Wind und engelsreinem Chor folgt die Erlösung. Ein wunderschöner glühender Himmel schmeichelt die Augen und die Musik streichelt den schwermutigen Romantiker.
Aber die Hauptfigur der Romanvorlage ist nicht nur Opfer der gesellschaftlichen Umstände. Er ist nicht nur ein Ausgegrenzter auf der Suche nach dem inneren und äußeren Frieden. Er hat auch ein minderjähriges Mädchen vergewaltigt. Wie ist dieser Widerspruch auszuhalten? Das Programmheft enthält (mit Absicht?) viele leere Blätter. Vielleicht auch eine Einladung sich mit dieser Widersprüchlichkeit ganz individuell auseinanderzusetzen.
Ich persönlich kann die Aufführung wärmstens empfehlen und bin positiv überrascht, dass Kjartan Sveinsson den schmalen Grat zwischen Romantik und Kitsch sehr gut bewältigt hat. Das Filmorchester Babelsberg hat wieder einmal seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Die Bühnenbilder sind exzellent gestaltet. Einziger Kritikpunkt wäre der doch etwas künstlich klingende Wind.
Aus Respekt vor dem Werk und aus Rücksichtnahme gegenüber dem Publikum, habe ich darauf verzichtet zu fotografieren.
Weitere Termine wären der 28.2., 1.3. und 16.3..


1 Kommentare :

Brigitte hat gesagt…

Danke für den Bericht. Würde ich gerne erleben, denn seit "The End" auf der Biennale Venedig 2009 bin ich Ragnar Kjartansson-Appassionata.

Auch SS Hangover, Biennale 2013, auch unter Beteiligung von Kjartan Sveinsson war großartig.

http://venedig-ebb.blogspot.de/2013/10/biennale-ss-hangover.html

Schöne Grüße B.

 

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