Dienstag, 15. Mai 2012

Orion Rigel Dommisse, Paris, 14.05.12


Konzert: Orion Rigel Dommisse

Ort: ein Wohnzimmer irgendwo in Montreuil bei Paris, aber nicht mein eigenes
Datum: 14.05.2012
Zuschauer: etwa 30
Konzertdauer: etwa 50 Minuten


Homeshows laufen traditionellen Konzertlocations immer mehr den Rang an. Gut so, vor allem wenn ich selbst immer schön brav eingeladen werde! Auch für das wundervolle Konzert von Orion Rigel Domisse hatte man mir ein Plätzchen reserviert. Eine einfache Mail genügte. Aber ein ganz Unbekannter bin ich in der Wohnzimmerkonzert-Szene wohl auch nicht mehr. Die Mädels von Homespun Booking, die den heutigen Abend organisierten, hatten sogar unumwunden zugegeben, sich von meinen Oliver Peel Sessions inspiert haben zu lassen.


Die Fete sollte bei Fanny und Elsa in Montreuil steigen. Ein Ort, der offiziell nicht mehr in Paris liegt, aber recht einfach mit der Metrolinie 9 erreichbar ist. Zusammen mit der Musikerin Rachael aka Kinrisu machte ich mich auf den Weg dorthin, ließ mir vom Obsthändler sagen, wie ich die konkrete Straße finden würde und traf gegen 20 Uhr 15 am Ort des Geschehens ein. Das Wohnzimmer war nicht sehr groß, aber stark bevölkert. Am Ende waren wir ungefähr 30 Leutchen und vielmehr hätten sicherlich auch nicht mehr reingepasst.


Das Wetter an diesem Abend war herrlich und so guckte ich noch eine Weile romantischen Blickes aus dem Fenster, wartete auf den Sonnenuntergang und erfreute mich am Anblick eine Baumes im Abendrot.

Erst als es schon merklich dämmerte, legten Orion und ihr Partner (in der Musiker und im Leben) Christopher los. Vielleicht brauchten sie eine nächtliche Stimmung, um ihren düsteren, mitunter fast gothischen Folk zu zelebrieren. Instrumententechnisch ist ihr Werk dominiert von ihrem elektrischen Cello und seinem gewaltigen Kontrabass, ansonsten lebt vieles von ihrer unfassbar tollen Stimme. Eine Mischung aus Sandy Denny (Fairport Convention), Marissa Nadler und Kate Bush, so meine spontane Assoziation. Das rothaarige Mädel kann sehr lieblich und sanft, dann aber auch aufmüpfig und kapriziös und manchmal durchdringend hoch singen und vermag ihren schwarzen Stimmung perfekt Ausdruck zu verleihen. Ihr Gesangesstil hat etwas stark Narratives und was sie erzählt, ist nichts für zart besaitete Naturen:

"Fake yer death if you need to, to afford distractions from the living, oh, you can make a body out of plaster soaked in your own blood, then leave the body in your bed, covered with the sheet like you were murdered in your sleep" sang sie beispielsweise mit lieblichster Stimme in Fake Yer Death und ließ mich (wohlig) erschaudern. Zum Glück kein authentischer Stoff, sondern Texte, die stark von Horrofilmen inspiriert sind. Auch die anderen Lieder hatten ähnlich krasse Lyrics zu bieten ("just drink yourself to death so I never have to see you again I know my love it sounds cruel but I'm the one killing you"- Drink Yourself To Death; Leavin' dishes of poison around sleeping on carcasses after the curtains I've got three squirrels in my hands chewing my fingers bloody pulp and I've got three squirrels in my hands"- Squirrels) waren aber ungemein faszinierend.


Ihr elektrisches Cello und sein tief grummelnder Kontrabass passten wirklich zusammen wie das Schwert zur Scheide und ihr wieselfinkes Fingerpicking und seine virtuose Streichtechnik waren absolut verblüffend. Orions Instrument klang nicht wie ein normales Cello, sondern eher wie eine Harfe, allerdings scharfkantiger, weniger lieblich und mittelalterlich. Ein großer Hörgenuß!

Einzelne Stücke als besondere Highlights rauszupicken fällt mir nicht leicht, aber Squirrels und Swamp klangen auf Anhieb so verführerisch, mysteriös und betörend schön, daß man da unbedingt mal reinhören sollte.


Ich glaube dem Publikum hat es auch ungemein gut gefallen, zumindest der Beifall war verdammt stürmisch und wollte gar nicht mehr abreißen. Zwei Zugaben gab es deshalb noch, dann war leider Schluß und die meisten Mitbügerinnen und Mitbürger stürzten sich auf das Bier und die Chips. Ich hingegen orderte die Vinylversion des neuen Album Chickens, die mir bald zugesendet wird. Ich freue mich riesig drauf, das wird sicherlich ein wundervolles Machwerk sein, daß sowohl Augen und Ohren verzücken wird.

Eine vorzügliche Homeshow. Nette Gastgeber, viele Mädchen im Publikum (jaja, sehr gute Quote!) und Musiker, die eigentlich ihren Platz auf den großen Bühnen dieser Welt hätten, was will man eigentlich mehr? Ich bin mächtig angetan von Orion Rigel Dommisse und übertreibe nicht, wenn ich von einer der besten Neuentdeckungen diese Jahres spreche. Wow!

Setlist Orion Rigel Dommisse,Homeshow, Paris:

01: Simon Sent For Me

02: Missing
03: Fake Yer Death
04: Skinwalkers
05: Bristol
06: Cord
07: Cave
08: Drink Yourself To Death
09: Moon Over Kentucky
10: Squirrels
11: Swamp




Das Klienicum zu Orion Rigel Dommisse, klick!



 

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