Samstag, 20. März 2010

Clare & The Reasons & Bosque Brown, Paris, 19.03.10


Konzert: Clare & The Reasons & Bosque Brown
Ort: Le Café de la danse, Paris
Datum: 19.03.2010
Zuschauer: gut besuchte Veranstaltung
Konzertdauer: Bosque Brown etwa 35-40 Minuten, Clare & The Reasons etwa 70 Minuten


Habe eine neue Lieblingssängerin für mich entdeckt. Die unglaublich kesse Mara Lee Miller (auf dem Foto) tritt zusammen mit einem männlichen Begleitmusiker unter dem Moniker Bosque Brown auf und begeisterte mich beim Konzert im Pariser Café de la danse über alle Maßen. Eine mal hauchende, dann wieder greinende Texanerin, die beim glänzendenPariser Folklabel Fargo unter Vertrag steht.

Ebenfalls bei Fargo beheimatet ist Clare & The Reasons. Ihr Stil ist wesentlich softer und lieblicher und kann kaum unter das Genre Folk gefasst werden. Auch sie spielte ein schönes Konzert, gefiel mir aber nicht ganz so gut wie Bosque Brown.

Wer es ausführlicher möchte:

So, aber jetzt noch mal ganz von vorne. Bosque Brown? Nie gehört? Wenn man in Deutschland lebt, ist das sicherlich nicht sonderlich verwunderlich, denn CDs vom Label Fargo auf dem die Texanerin Mara Lee Miller veröffentlicht, erscheinen hier zum Teil etwas später. Hinzu kommt, daß Fargo in Paris 3 Marketinginstrumente für seine Künstler nutzt, die in Frankreich für mehr Bekanntheit sorgen. Zum einen gibt es seit ein paar Monaten das sehr gut gemachte Printmagazin El Dorado, für das die Labelleute schreiben und ihre Künstler anpreisen, desweiteren einen neu eröffneten CD Laden*, wo man nicht nur Silberlinge des Fargo-Katalogs, sondern auch andere Folk/Country- und Americana Alben erwerben kann und auch Bücher, DVDs und Poster kriegt und zum dritten Festivals unter labeleigener Flagge. Dennoch bleibt das Ganze eher etwas für Insider und die Zuschauer, die heute im Café de la danse für Bosque Brown und Clare And The Reasons gekommen waren, hatten sich sicherlich nicht zufällig hier hin verirrt. Folk bleibt etwas für Kenner und das ist auch gut so. Nur ein Leonard Cohen spielt in der riesigen Arena von Bercy, Alela Diane hat es allerdings auch immerhin schon ins ehrwürdige Olympia geschafft. Das Café de la danse selbst hat ein Fassunsgvermögen von 450 Plätzen und ich schätze mal, daß zwischen 350 und 400 Karten verkauft wurden. Für Bosque Brown, die um 20 Uhr satrte, waren aber bei weitem noch nicht alle Leute da. Auffällig isnbesondere eine Sitzreihe, wo die orangefarbenen Stühle deutlich sichtbar mit einem Reserviert-Schild versehen waren. So etwas hatte ich hier noch nicht gesehen. Wer wurde denn erwartet? Sarko und Carlita etwa? Nein! Wer dann? Wir werden es wohl nie erfahren, denn auch beim Hauptact des heutigen Abends, Clare & The Reasons, blieben die Stühlchen verwaist. Clare fand das besonders lustig. Immer wieder witzelte sie darüber: "Diejenigen, die auf dem Fußboden sitzen, können jetzt ruhig auf den reservierten Sitzen Platz nehmen. Stevie Wonder kommt nicht mehr und Zinedine Zidane und Thiery Henry auch nicht! Nun gut, zumindest ich war da und zwar hauptsächlich für Bosque Brown. Die junge Dame hatte mich in der urigen Cêperie West Country Girl ein paar Tage zuvor hellauf begeistert und ich mußte sie einfach wiedersehen!

Schon mit Whiskey Flats zog sie mir erneut die Schuhe aus. Meine Fresse, diese Stimme! Diese Bockigheit, dieses Aufbegehren, einfach toll! Genau mein Wetter irgednwie. Mit der Kleinen kann man sich bestimmt so richtig toll fetzen! Da steh ich ja drauf, auf solche Kratzbürsten, habe selbst so ein Modell zu Hause (hahaha!). Aber dann kam sie einem auch wieder sanft und anschmiegsam wie ein Kätzchen daher, so daß man ganz irritiert war. Als sie dann kurze Zeit später zuckersüß lächelte und ihre Stubsnase nach oben nahm, war mein Widerstand eh gebrochen. "Ok, ich ergebe mich und kauf Deine Platten, Baby, ok?" Baby ist sowieso ein gutes Stichwort, so heißt nämlich das 2009 er Werk, von dem sie und ihr (mir völlig egaler) Keyboarder so einige Titel spielte, darunter das famose Went Walking (... Mother, Father and Dog, wie lang sie diese Worte zog!). Aber auch vom 2007 er Erstling Bosque Brown Plays Mara Lee Miller gab es schmackhafte Kostproben (Fire Fight, Fine Lines).

Also was ist jetzt das Fazit? Ist Bosque Brown die neue Karen Dalton? Oder Joanna Newsom? Weder noch! Selbst wenn es stimmlich ein paar Gemeinsamkeiten geben sollte, erzählt uns doch diese kesse junge Dame ihre ganz eigenen texanischen Geschichten. Und die sind spannend genug...

Gegen 21 Uhr ging es mit der New Yorkerin Clare Manchon weiter. Zusammen mit ihrem französischen Ehemann Olivier Manchon und etlichen anderen Livemusikern formt sie die Band Clare & The Reasons. Eine Truppe, die ich schon einmal in der Cigale gesehen hatte. Damals hielt sich meine Begeisterung aber in Grenzen, irgendwie fand ich alles ziemlich süßlich und überzuckert und Clare hielt ich für recht zickig. Ganz anders heute. Die Sängerin war mir überaus sympathisch, wirkte offen und sehr relaxt. Vielleicht lag mein Eindruck aus der Cigale daran, daß wir uns zu dieser Zeit mitten in der heißen Phase des amerikansichen Wahlkampfes befanden und die Nerven bei den (zu Recht) mit Obama mitfiebernden Künstlern blank lagen. Clare kämpfte verbal verbissen für Barack und widmete ihm sogar einen Song. Zu dem lieblichen Stil wollte dieses (eigentlich lobenswerte) Engagement so gar nicht passen. Politik und zuckersüße Musik vertrugen sich nicht. Nun aber ist Obama seit geraumer Zeit in Amt und Würden und die Künstler widmen sich wieder verstärkt ihrem Songwriting und der harmonischen Instrumentierung. Auch ein neues Album von Clare & The Reasons ist erschienen und Arrow hat genau wie der Vorgänger The Movie insgesamt wieder sehr ordentliche Kritiken bekommen. Verwunderlich ist das nicht, denn Lieder wie Ooh You Hurt Me So haben wirklich jede Menge Charme und Zartschmelz. Fast altmodisch (im guten Sinne), wie die schöne Stimme von Clare die entspannten Songs intoniert und dabei bei so manchen Zuschauern romantische Gefühle aufkommen ließen. Schmalz mit Niveau, so in etwas könnte man das Gehörte umschreiben. Mit viel Humor und Spielfreude brachte sich auch Clares Ehemann Olivier ein. Flöte (mit einem umjubelten Solo bei Rodi), Geige, Percussions, etc, er wirkte an allen Fronten. Als das Publikum in einer Szene nicht so richtig mitmachen wollte, pflaumte er die Leute sogar an:" Vous êtes ingrats" -ihr seit undankbar, verkündete er schmunzelnd.

Ab Wake Up kamen dann noch zusätzlich drei Blechbläser mit hinzu, was Clare mit den Worten: "Jetzt geht das Konzert erst so richtig los", kommentierte. Nicht falsch, denn Pluto und das auf französisch gesungene Lied Perdue A Paris waren definitiv Highlights.

Das Publikum reagierte begeistert und schaffte es mittels donnernden Applauses noch Zugaben aus den Musikern rauszukitzeln. Das Genesis Cover That's All kam in neuem Gewande daher und klang viel schicker als das Original.

Aufrichtig gerührt verließen Clare & The Reasons schließlich nach einer vergnüglichen und kurzweiligen Show die Bühne und ließen sich auch noch am Merch blicken. Alles sehr nette Leute!

Setlist Clare & The Reasons, Café de la danse, Paris:

01: You Got Time
02: All The Wine
03: Ooh You Hurt Me So
04: Baby I Call You
05: Rodi
06: Mellifera
07: Muder The Want
08: Wake Up
09: Pluton/Pluto
10: This Is The Story
11: Perdue A Paris
12: Our Team Is Grand
13: Alphabet City
14: You Getting Me

15: That's All
16: Love Can Be A Crime

Setlist Bosque Brown, Café de la danse, Paris:

01: Fire Fight
02: Whiskey Flats
03: Still Afraid
04: Went Walking
05: White Dove
06: Soft Love
07: Fine Lines
08: Texas Sun

Aus unserem Archiv:

Clare & The Reasons, Paris, 07.10.08


Deutsche Konzerttermine von Clare & The Reasons:

26. März, Frannz Club, Berlin
27. März, Prinzenbar, Hamburg



 

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