Mittwoch, 10. Februar 2010

Cymbals Eat Guitars, Paris, 09.02.10

Konzert: Cymbals Eat Guitars
Ort: Le Scopitone, Paris

Datum: 09.02.2010

Zuschauer: hm, 120 vielleicht?

Konzertdauer: 60 Minuten




Ein Männeranteil von mindestens 70 Prozent im Pariser Scopitone beim Konzert von Cymbals Eat Guitars. Warum das denn? Stehen Mädchen nicht auf Slackermusik und die Typen, die sie machen? Wahrscheinlich ist das so. War ja auch bei den alten Haudegen Dinosaur Jr., Built To Spill, Modest Mouse oder den Wrens nie anders. Hautsächlich akademisch gebildete Männer um die 30 mit Abneigung gegen Krawatten, Wehrdienst und Strebertum bildeten deren Hauptzielgruppe. Fast immer dreitagebärtig, mit Blue Jeans und schlichtem T-Shirt oder Holzfällerhemd bekleidet und zu den harten Gitarrensoli heftig mit dem Kopf nickend. Da war nie viel Platz für zarte Mädchen. War ihnen zu hart und die Typen zu unstylish und ohne Ziele im Leben (sprich nicht nach dem größtmöglichen Gewinn bzw. Gehalt strebend, also meistens arm). Aber auch egal, sollen sie doch zu den schleimigen Muse, Mando Diao und den Killers gehen und deren geleckt wirkende Frontmänner begaffen. Dann bleiben wir Männer halt eben unter uns! Ist eh am schönsten, da kann man (n) sich in Ruhe auf die Musik konzentrieren.

Und die war heute wirklich toll! Der heißblütige Sänger Joseph Ferocious allein war das Kommen wert. Seine Mimik einfach unschlagbar! Selten habe ich jemanden auf der Bühne gesehen, der so irre Blicke ins Rund wirft, so wirr die Augen verdeht, die Backen aufpustet und urplötzlich losschreit, als würde er ohne Narkose kastriert. Super, der Kerl, ganz große Klasse! Wäre ich ein Mädchen, ich würde ihm schöne Augen machen. Und dies obwohl er wie eine Kreuzung aus dem jungen Nicolas Sarkozy und dem spanischen Tennisass Nicolas Almagro aussieht, folglich also nicht gerade so schön wie George Clooney ist (den ich nur aus Zeitschriften beim Arzt und der Nespresso-Werbung kenne, amerikanisches Mainstreamkino boykottiere ich). Es ist einfach sensationell, wie enorm der Kerl sich reinhängt! Da er nicht 100 % austrainiert ist, keucht er zwar nach den Liedern wie ein alter Hund mit Asthma , aber die Mühe ist es fast immer wert. Zeit zum Luftholen nimmt er sich in der Rgel zu Beginn der ab und zu gemächlich anfangenden Lieder. Dann erinnerte er mich manchmal an Bright Eyes, oder Tim Kasher, den Sänger von Cursive, aber auch an Robert Smith. Spitzenmäßige Referenzen und natürlich müssen auch Pavement erwähnt werden, aber bei Cymbals Eat Guitars wird das Ganze so wunderbar frisch durchgeschüttelt, daß man trotzdem nicht den fahlen Geschmack des Plagiats auf der Zunge spürt. Besonders geil: die ekstatischen Gitarrensoli gegen Ende der Stücke, wo die Hand von Josehp so wild über die Saiten flog, daß man sie fast gar nicht mehr sah.

Und richtig gute, gegen den Strich gebürstete Songs mit schönen Melodien haben die New Yorher auch. Mein Favorit sicherlich Wind Phoenix, aber auch Indian kam herrlich relaxt. rüber. Der Hit dürfte nach den Beifallsbekundungen wohl And The Hazy Sea sein, aber wer braucht schon Hits?

Auch die einzige Zugabe noch einmal spektakulär. Die Ballad Of Big Nothing meines hochverehrten Elliott Smith erkannte ich nur der Melodie nach, wußte aber sofort, daß ich diese Lied liebe. Ich errötete fast peinlich, als es mir wie Schuppen von den Haaren fiel, daß das der Große, der Geniale, der Unvergessliche Elliott war. "You can do what you want to whenever you want to," so schön und simpel diese tröstlichen Lyrics des Altmeisters der Melancholie.

Ein prima Konzert! Daumen hoch für die Slacker von Cymbals Eat Guitars!

Aus unserem Archiv:

- Cymbals Eat Guitars, Paris, 26.11.2oo0


- CD Kritik Cymbals Eat Guitars bei Plattentests.de. Klick!



 

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