Montag, 27. August 2007

Nelson, Rock en Seine, 26.08.07


Konzert: Nelson

Ort: Saint Cloud bei Paris, Festival Rock en Seine
Datum: 26.08.2007
Zuschauer: gab es


Nachdem die Pariser Tennisfanatiker der Band Housse de Racket das Publikum vor der Scène de l'Industrie schon einmal ordentlich in Schwung gebracht hatte, durften Nelson, die ebenfalls aus der franzöischen Hauptstadt stammen, um 16.20 Uhr ran. Sie spielten somit "gegen" Mark Ronson, der in etwa zeitgleich sein Konzert auf der Hauptbühne begann. Anstatt mir originelle Cover-Versionen von den Kaiser Chiefs ("Oh My God"), oder Maximo Park ("Apply Some Pressure") anzuhören, zog ich aber die stets schwarzgekleideten Franzosen vor.

Nelson hatte ich zuvor bereits zweimal live erlebt und dabei jeweils einen guten Abend verbracht. Bei meinem letzten Auftritt mit den Dark-Rockern in der Maroquinerie hatten sie zur Feier des Tages sogar eine niedliche Geigerin mitgebracht, die aber heute fehlte. Somit trat die Stammformation auf, die aus JB Devay (Keyboard, Gitarre, Gesang), Gregory Kowalski (Gitarre, Gesang), David Nichols (Bass, Keyboard) und Thomas Pirot (Schlagzeug) gebildet wird.

Stylisch wie immer traten die vier jungen Franzosen pünktlich auf die Bühne und eröffneten traditionell mit "People And Thieves". Da ich weit vorne stand, schleuderten die pulsierenden riesigen Bassboxen fast meine Stöpsel aus den Ohren, so daß ich mich etwas weiter nach hinten bewegen musste, um mein Gehör nicht zu verlieren. Auch da war es noch reichlich laut, aber zumindest erträglich. Gut so, denn nun konnte ich auf angenehmere Weise das mystisch wirkende "Silence In Your Mind" genießen. "Easy people, dirty wishes, we are all prostitutes" hieß es da ganz desillusioniert zu Beginn, bevor nach circa 2 Minuten zum ersten Mal die wavigen Gitarren losschmetterten und der Drummer das Tempo höllisch verschärfte. Gregory, der wie immer in der Mitte der Bühne postiert war, sprang hierzu wie von der Tarantel gestochen auf und ab und prachte all die Rage, die dieses Stück beinhaltet, deutlich zum Ausdruck. Düster sind sie, die Stücke von Nelson, depressiv, oft (gewollt) kalt, fast abweisend. Klar, daß da Vergleiche mit Joy Divison oder anderen Bands aus der Glanzzeit des Factory Labels aufkommen. Unter den Zeitgenossen finden sich am Ehesten mit Clinic, Interpol und den Liars ähnliche Bands. Das Quartett fühlt sich aber in gleicher Weise von der Brooklyner Szene, von TV On The Radio, Animal Collective, oder Grizzly Bear beeinflusst, was man jedoch weniger heraushört. Wo auch immer Nelson ihre Inspirationen herbeziehen, aus dem Hören von Musik oder dem Lesen von Romanen von Bret Easton Ellis (so steht es auf ihrer MySpace Seite), eins scheint klar: diese Band hat viel Eigenständiges! Und sie experimentieren stets weiter, wie Remix-Versionen ihrer Single "I (SYC) Stop" beweisen. Waviger Rock wird gekonnt mit elektronischen Elementen vermischt und so kommt ein Sound heraus, der sich von Mal zu Mal mehr ins Ohr (und die Seele) eingräbt.

Besagtes "I (SYC)" war auch heute wieder ein Highlight, keine Frage, aber auch das recht getragene "Seasons", zu dem es auch einen tollen Video-Clip gibt (so Gregory), wußte vorher mit seinem leicht morbiden Charme zu gefallen. Toll anzusehen war hierbei auch, daß der Bassist einen Geigenstab hervorzauberte, um damit sein Instrument zu bearbeiten. Zwar hatte ich diese Einlage inzwischen schon öfter gesehen, so z.B. zuletzt bei Thurston "Sonic Youth" Moore in Cérgy-Pontoise, aber sie verblüfft mich doch immer wieder aufs Neue.

Leider hatten die vier jungen Männer nur knapp vierzig Minuten Zeit, um sich dem Publikum zu empfehlen, aber ich glaube nach dem Auftritt, der mit dem langgezogenen "Paid It All" endete, dürften Nelson einige neue Fans hinzugewonnen haben. Mich persönlich brauchten sie allerdings nicht mehr zu überzeugen, bin ich doch schon seit geraumer Zeit von dem Album "Revolving Doors" und ihren Live-Auftritten angetan...

Setlist Nelson, Rock en Seine:

01: People & Thieves
02: Silence I Your Mind
03: The (Over) Song
04: Acrobatics
05: Seasons
06: Slow Falling
07: I (SYC) Stop
08: Paid It All

Links:

- Nelson im Februar 2007 in Paris
- Nelson im Mai 2007 in Paris




1 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Mit dem Hinweis auf Bret Easton Ellis hast Du mir eigentlich die Lust auf Neloson versaut. Was für ein furchtbar überschätzter Autor.

Trotzdem sehr schade, daß ich Nelson in Berlin nicht sehen kann.

 

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